Die Formulierung „wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich Alles” ist nicht hinreichend bestimmt und enthält keine eindeutige Bestimmung eines Erben durch die Erblasserin (OLG Köln, Beschluss vom 9.7.2014 - 2 Wx 188/149).

Denn wie sich aus § 2065 BGB ergibt, muss sich die Erblasserin selbst über den Inhalt aller wesentlichen Teile ihres letzten Willens schlüssig werden. Dazu gehört insbesondere die Bestimmung über die Person des Bedachten. Diese muss zwar nicht namentlich genannt sein; erforderlich ist aber, dass die Person des Bedachten anhand des Inhalts der Verfügung, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von außerhalb der Urkunde liegenden Umständen zuverlässig festgestellt werden kann. Sie muss im Testament so bestimmt sein, dass jede Willkür eines Dritten ausgeschlossen ist (BayObLG FamRZ 2002,200 m.w.N.).

Soweit der Wille des Testierenden durch Auslegung festgestellt werden kann, liegt jedoch kein Fall der unzulässigen Bestimmung der Person des Bedachten durch einen Dritten vor. Die Testamentsauslegung ist, auch wenn sie wertende Elemente enthält, nicht die in § 2065 BGB gemeinte unzulässige Willensentscheidung; das Gericht ist insoweit nie Dritter. § 2065 BGB greift nur dann ein, wenn der Wortlaut der letztwilligen Verfügung so unbestimmt ist, dass die Auslegung ergebnislos bleiben muss (BayObLG FamRZ 2002, 200; Staudinger/Otte, BGB, Bearb. 2013, § 2065 Rn. 16, 17; MüKoBGB/Leipold, 6. Aufl., § 2065 Rn. 5). So liegt der Fall hier. Das Nachlassgericht hat hierzu in dem angefochtenen Beschluss folgende Feststellungen getroffen:

„Mit ihrer Verfügung, Erbe solle der werden, der ihr in den letzten Stunden beistehe, hat die Erblasserin keinen Erben benannt, sondern nur das für die Bestimmung des Erben auslösende Ereignis festgelegt. Die Berufung des Erben hat sie aus der Hand gegeben und an eine ungewisse Entwicklung der Ereignisse oder sogar den Zufall oder einen „Wettstreit” von an der Erbschaft interessierten Personen geknüpft. Sowohl das Kriterium „beistehen” als auch der zeitliche Faktor „in den letzten Stunden” sind unbestimmt. So kann unter „beistehen” etwa körperliche Pflege, Hilfe im Haushalt oder seelischer Beistand verstanden werden. Unterschiedlicher Bewertung kann auch die Frage unterliegen, mit welcher Intensität und mit welchem zeitlichen Aufwand Hilfestellungen erfolgen müssen, um das Kriterium „Beistand” zu erfüllen. Auch das Kriterium „in den letzten Stunden” kann unterschiedlich interpretiert werden. Damit hängt die Frage, ob sich jemand so um die Erblasserin gekümmert hat, wie diese es erwartet hätte, davon ab, was derjenige Dritte, der die Auswahl des Bedachten zu treffen hätte, unter diesen Begriffen versteht. Er würde sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Erblasserin setzen. Das aber verstößt gegen das Drittbestimmungsverbot des § 265 Abs. 2 BGB. Die Auswahlkriterien muss der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung so klar bestimmen, dass ein Dritter den Bedachten bezeichnen kann, ohne dass sein Ermessen auch nur mitbestimmend wäre.”

Beim Tod eines Menschen, der kein wirksames Testament oder einen Erbvertrag errichtet hat, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Diese Erbfolge entspricht nicht unbedingt den Vorstellungen des Erblassers und kann zu Streitigkeiten unter den Angehörigen führen, die der Erblasser durch eine klare testamentarische Regelung vermeiden kann.

Die benannte Entscheidung zeigt, dass insbesondere, um dem letzten Willen des Erblassers gerecht zu werden, bereits zu Lebzeiten die Errichtung eines Testaments geboten ist. Um dabei zu vermeiden, dass Gerichte sich später mit der Auslegung des Testaments zu befassen, ist eine Rechtsberatung bzw. die individuelle und vorausschauende Gestaltung von Nachfolgeregelungen unvermeidlich.

Ihr Ansprechpartner in dieser Angelegenheit ist Rechtsanwalt Sebastian Obermeier.

Rennweg 119 a | 84034 Landshut | Telefon: 0871/965530 | Telefax: 0871/9655320 | Email: info@rae-la.de